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28.11.2025, Lokalredaktion
Am 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen begrüßten Maren Ozanna, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Wesermarsch, und Ute Cornelius, Vorsitzende der KreisLandFrauen Wesermarsch, zahlreiche Frauen und Männer im Centraltheater Brake.
Bevor jedoch das Theaterstück „Die Komplizen – Die Frau, die gegen Türen rannte“ auf das Thema des Tages einging, dankten sie allen, die ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen setzen.

„Auch bei uns im Landkreis sind die Fallzahlen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen“, sagt Maren Ozanna, „Im vergangenen Jahr gab es 541 Fälle, 20 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor.“ Dabei dürfe nie vergessen werden, dass dies keine Zahlen in einer Statistik sind, sondern Frauen, Mütter, Töchter, Freundinnen, Kolleginnen und Nachbarinnen. „Hinter jeder Zahl steht ein Mensch, ein Leben, oft geprägt von Angst, Gewalt und der Hoffnung, eines Tages, diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Häusliche Gewalt kann jede Frau betreffen, denn es gibt keine eindeutigen Faktoren, die häusliche Gewalt erklären oder vorhersagen. Kein Alter, Bildungsstand oder soziale Herkunft schützt davor. Häusliche Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Es braucht daher gesamtgesellschaftliches Engagement, klare Haltung und mutige politische Entscheidungen.

Gewalt gegen Frauen ist kein Relikt vergangener Jahrhunderte, sondern eine bedrückende Realität, die bis heute anhält. Historische Beispiele zeigen, dass Frauen schon im 16. Jahrhundert Opfer von Unterdrückung und Gewalt wurden. Doch auch in der Gegenwart sind erschütternde Fälle wie die Entführungen von Schülerinnen in Nigeria traurige Belege dafür, dass das Problem weltweit fortbesteht.
Die Formen dieser Gewalt sind vielfältig: häusliche Gewalt, sexuelle Übergriffe, Vergewaltigung und Zwangsprostitution gehören ebenso dazu wie psychische Misshandlungen. Statistisch gesehen wird in Deutschland alle 45 Minuten eine Frau angegriffen oder verletzt – ein alarmierendes Zeichen dafür, dass Gewalt gegen Frauen keine Ausnahme, sondern ein alltägliches Phänomen ist.
„Umso wichtiger ist es, Betroffene nicht allein zu lassen“, appellierte Ute Cornelius, „Zuhören, unterstützen und Mut machen sind zentrale Schritte, um Frauen in schwierigen Situationen beizustehen. Hilfsangebote wie das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“, Frauenhäuser und Beratungsstellen bieten konkrete Hilfe und Schutz. Auch öffentliche Aktionen wie die Brötchentüten-Kampagne mit dem Motto „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ verdeutlichen, wie wichtig es ist, das Thema sichtbar zu machen und das Schweigen zu brechen.“
Gesellschaftliche Verantwortung bedeutet, nicht wegzusehen. Gewalt darf weder im Privaten noch in der Öffentlichkeit hingenommen werden. Nur durch Solidarität, klare Haltung und gemeinsames Handeln können wir Betroffenen beistehen und ein Zeichen setzen.
Auch die Kultur trägt dazu bei, das Thema ins Bewusstsein zu rücken. Das Theaterstück „Die Komplizen – Die Frau, die gegen Türen rannte“ greift die Problematik auf und macht sie auf eindringliche Weise erfahrbar. Es zeigt, dass Kunst ein starkes Mittel sein kann, um gesellschaftliche Missstände sichtbar zu machen und Diskussionen anzustoßen.
In dem Stück geht es um Paula, 38 Jahre, Mutter von vier Kindern und Alkoholikerin. Sie traf Karl Spencer in jungen Jahren, verliebte sich in den charismatischen Mann, den auch andere bewunderten. Sie wurde „seine Frau“. Als sie mit ihrer Tochter hochschwanger war, begann, wie aus dem Nichts. Karl schlug sie. Er entschuldigte sich und sie blieb, denn sie liebte ihn. Und der Schlag war ja nur ein Ausrutscher. Doch dabei blieb es nicht. Es wurde zur Routine. Und Paula wurde immer mehr in die Opferrolle gedrängt. „Egal, ob ich ihn angeschaut habe, oder nicht, ob ich ihn so angeschaut hatte oder so nicht, ob ich etwas getan hatte oder nicht, ob ich es so getan hatte oder so nicht, ob ich da war oder nicht, oder ob ich einfach nur lebte, es gab immer einen Grund für die Schläge, Tritte und vieles mehr.“
Erst nach unzähligen blauen Augen, Blessuren, Brüchen und ausgeschlagenen Zähnen fand sie nach 17 Jahren den Mut, ihren Mann aus der Wohnung zu werfen. Der einzige Halt waren ihre Kinder und der Alkohol, den sie jedoch erst konsumierte, wenn die Kinder im Bett waren. Langsam, ganz langsam kehrt sie in ihr eigenes Leben zurück. Dass sie jedoch nicht Schuld an den permanenten Ausbrüchen ihres Mannes war, hat sie allerdings noch nicht verinnerlicht. Das Ein-Frau-Stück sorgte dafür, dass es fast 80 Minuten im Kino mucksmäuschenstill war. Die Besucher hingen förmlich an den Lippen der Darstellerin.
Es sollte zum Nachdenken anregen, für Gesprächsstoff sorgen und erzielte damit auch genau diese Wirkung. (Fotos und Text: Kerstin Seeland)
Titelfoto: Maren Ozanna und Ute Cornelius