Sie können uns unterstützen

24.11.2025, Lokalredaktion
Krankenhausbetrieb läuft vollständig weiter – Sanierung mit klarer Zukunftsperspektive
Bei der Planung für das Geschäftsjahr 2026 wurde festgestellt, dass das St. Bernhard Hospital ab Januar dauerhaft keine Gewinne mehr erzielen kann. Nach Gesprächen, unter anderem mit Dr. Alexander Verhoefen von horizon-re, entschied sich die Geschäftsführung bewusst für eine Insolvenz in Eigenverwaltung als präventive Maßnahme.
Das Krankenhaus ist medizinisch sehr leistungsfähig und verfügt über zahlreiche Zertifizierungen (z. B. Adipositaszentrum, Endoprothetikzentrum) sowie hochspezialisierte Verfahren wie Impella-Pumpe oder Vorhofablation. Interne Verbesserungsmöglichkeiten bestehen vor allem in der Wirtschaftlichkeit und der Beschaffung (z. B. bessere Versorgung, günstigere Konditionen). „Eine Insolvenz in Eigenverwaltung eröffnet Chancen, aus langfristigen Verträgen auszusteigen und Kostenstrukturen zu verbessern“, betont Geschäftsführer Frank Germeroth. Er sieht die Ursachen für die aktuelle Situation nicht allein bei der Politik oder der Krankenhausfinanzierung, sondern auch in internen Prozessen, die optimiert werden können. Leistungssteigerungen sind zwar wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig, da der Markt seit Jahren rückläufig ist. Hinzu kommt, dass ab dem nächsten Jahr bestimmte Leistungen von vollstationär auf Hybrid-DRG umgestellt, was eine finanzielle Kürzung von ca. 40 % bedeutet.
Die anhaltende Krise im deutschen Gesundheitswesen trifft immer mehr Kliniken – und auch das St. Bernhard Hospital bleibt von diesen Entwicklungen nicht verschont. Die finanziellen Belastungen sind in den vergangenen Monaten spürbar gestiegen. Die Geschäftsführung hat diese Situation frühzeitig erkannt und sich entschlossen, das Hospital unter den Schutz eines Eigenverwaltungsverfahrens zu stellen. Dieser Schritt dient nicht dem Abbau, sondern dem Erhalt, der Stabilisierung und der Erneuerung unseres Krankenhauses – für Patienten, Mitarbeiter und die gesamte Region Brake. Die entsprechenden Anträge für das St. Bernhard Hospital und die Tochtergesellschaft Braker Wirtschaftsdienste wurden beim Amtsgericht Nordenham eingereicht.
Mit Beschluss vom 24. November 2025 wurde die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet. Damit ist der Weg frei für eine Sanierung, die den vollständigen Fortbetrieb des Krankenhauses sicherstellt. Für Mitarbeiter und Patienten ändert sich nichts: Alle medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Leistungen werden unverändert und ohne jede Einschränkung erbracht. Die Versorgungsqualität bleibt in vollem Umfang erhalten.
Die Berater von horizon-re treten unterstützend neben die Geschäftsführung und übernehmen teilweise Verantwortung. Konkret wird ein Berater in die Geschäftsführung von St. Bernhard eintreten, weitere Teammitglieder unterstützen als Generalbevollmächtigte. Die Klinikführung bleibt jedoch weiterhin bei den bisherigen Verantwortlichen: Frank Germeroth und Imke Siemers.
Mehr als 300 Mitarbeiter wurden bereits in Mitarbeiterversammlungen über den Schritt informiert. Ihnen wurde zugesichert, dass ihre Löhne und Gehälter wie gewohnt ausgezahlt werden. Für drei Monate übernimmt die Agentur für Arbeit die Zahlungen, danach führt das St. Bernhard Hospital die Auszahlung regulär fort.
Nach diesen drei Monaten beginnt das zweite Stadium des Insolvenzverfahrens („eröffnetes Verfahren“), das weitere drei Monate dauert. Nach insgesamt sechs Monaten wird den Gläubigern ein Insolvenzplan vorgelegt mit der Erklärung der Ursachen der Krise, der Darstellung der Maßnahmen und Veränderungen – auf Basis der derzeitigen Leistungsgruppe – während des Verfahrens sowie der Vorstellung des Leitbilds „St. Bernhard 2.0“ für das sanierte Krankenhaus.
„Innerhalb von sechs Monaten können nicht alle Maßnahmen vollständig umgesetzt werden, aber der Weg wird begonnen und soll langfristig weitergeführt werden“, sagt Dr. Alexander Verhoeven, „Anschließend liegt die Verantwortung klar beim bestehenden Management und den Mitarbeitern, die die Schritte konsequent umsetzen müssen, um eine mittel- und langfristige Perspektive für das Krankenhaus zu sichern.“ Der Effekt des Verfahrens: Gläubiger verzichten auf einen Teil ihrer Forderungen, erhalten im Gegenzug aber wieder einen verlässlichen Geschäftspartner mit Zukunftsperspektive.
Erst nach diesen sechs Monaten wird die Krankenhausführung dann die Leistungsgruppen wieder neu beantragen, auch im ständigen partnerschaftlichen Austausch mit der Helios-Klinik Wesermarsch.
Die Geschäftsführung weiß, welche Sorgen und Belastungen dieser Prozess für die Belegschaft mit sich bringt – und sie betont ausdrücklich, dass dieser Weg gewählt wurde, um langfristige Sicherheit zu schaffen und die Arbeitsplätze zu erhalten. Dies sicherte Geschäftsführer Frank Germeroth am heutigen Montag in einer Betriebsversammlung den Mitarbeitern zu.
In den kommenden Wochen wird das St. Bernhard Hospital gemeinsam mit der auf Restrukturierung spezialisierten Beratung horizon-re aus Frankfurt am Main ein tragfähiges Sanierungskonzept entwickeln. Dieses Konzept bildet die Grundlage für eine sichere und nachhaltige Zukunft – und muss dem Gericht sowie den Gläubigern zur Zustimmung vorgelegt werden.
„Wir wissen, wie viel ein solcher Schritt für unser Team bedeutet. Hinter jedem Arbeitsplatz steht ein Mensch, eine Familie, eine Geschichte. Genau deshalb gehen wir diesen Weg“, erklärt Geschäftsführer Frank Germeroth. „Wir haben ein klares Bild davon, wie das St. Bernhard Hospital in Zukunft aussehen muss, um den Herausforderungen des Gesundheitsmarktes gewachsen zu sein – gerade hier in Brake. Dieses Zielbild entwickeln wir gemeinsam weiter. Wir spüren den Rückhalt unserer Mitarbeiter und Partner, und das gibt uns Kraft. Wir schaffen das.“
Im Eigenverwaltungsverfahren bleibt die Geschäftsführung vollständig handlungsfähig und führt das Krankenhaus weiter. Ein vom Gericht bestellter vorläufiger Sachwalter – der Fachanwalt für Insolvenz und Sanierungsrecht, Dr. Leo Schoofs, begleitet das Verfahren in einer überwachenden Rolle. Seine Aufgabe besteht darin, die wirtschaftliche Lage zu prüfen und sicherzustellen, dass der Prozess geordnet und transparent abläuft.
Hintergrund zur vorläufigen Eigenverwaltung (§ 270b InsO)
Die seit 2012 geltende gesetzliche Möglichkeit der vorläufigen Eigenverwaltung erlaubt es Unternehmen, sich unter Insolvenzschutz selbstständig zu reorganisieren. Die Geschäftsführung bleibt dabei im Amt, gesteuert wird der Prozess durch ein Zusammenspiel aus Geschäftsführung, Sachwalter, Gläubigern und Gericht. Ziel ist ausdrücklich nicht die Zerschlagung, sondern die Erhaltung und Stärkung des Unternehmens. Häufig gelingt es durch dieses Verfahren, Unternehmen dauerhaft zu stabilisieren, die Bilanz zu entlasten und neue wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen. (Foto und Text: Kerstin Seeland)
Titelfoto: Geschäftsführer Frank Germeroth, Klinikmanagerin Imke Siemers und Dr. Alexander Verhoeven (horiton-re)