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30.06.2025, Lokalredaktion
„Heute machen wir den ersten Spatenstich für etwas Bedeutsames in der Bundesrepublik“, sagt OOWV-Geschäftsführer Karsten Specht, „Der Druck auf die Ressource Wasser steigt derzeit stark und auch die der Klimawandel sorgt dafür.“ Kommunales Abwasser als Ressource nutzen und damit im großen Stil Trinkwasser einsparen: Das klang noch vor einigen Jahren wie Fiktion, wird jetzt aber in der Wesermarsch Realität.
Mit einem symbolischen Spatenstich hat der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (O0WV) am Montag den Baustart seines ersten eigenständigen Brauchwasserwerks an der Flagbalger Straße in Nordenham gefeiert. Bis zum Herbst 2026 wird hier, neben der städtischen Kläranlage, eine aus neun Modulen zusammengesetzte, mit modernster Technik ausgerüstete Anlage entstehen.

Bis zu 1,1 Millionen Kubikmeter Brauchwasser pro Jahr kann sie aus gereinigtem Abwasser herstellen, das sonst ungenutzt in den Wasserkreislauf zurückfließt. Das ist in dieser Größenordnung bundesweit einmalig. Zur Einordnung: Die Menge entspricht fast dem, was die Bürgerinnen und Bürger Nordenhams in sparsameren Jahren insgesamt an Trinkwasser verbrauchen.
Mindestens 500.000 Kubikmeter des wiederverwendeten Wassers wird das Chemieunternehmen KRONOS TITAN GmbH im industriellen Prozess nutzen – und damit Trinkwasser ersetzen, das bisher aus mehreren OOWV-Wasserwerken in die Wesermarsch geliefert wird. Innovationsbereite Partner wie KRONOS TITAN und die Stadt Nordenham, die das Projekt seit der Pilotphase unterstützen, sind aus Sicht von OOWV-Geschäftsführer Karsten Specht essenziell. Denn nur im Zusammenspiel mit Verwaltung, Politik und Industrie kann die Wasserwirtschaft die Herausforderungen bewältigen, die unter anderem der Klimawandel, aber auch der rasante Fortschritt der vielen Wasserstoff-Projekte im Nordwesten bedeuten.
„Innovation benötigt jedoch auch finanziellen Förderung, neben der kommunalen Partnerschaften, wie mit der Stadt Nordenham und dem Landkreis Wesermarsch“, unterstrich Karsten Specht. Für Nordenham konnte MdL Karin Logemann (SPD), Landtagsabgeordnete für die Wesermarsch, kürzlich die frohe Kunde überbringen, dass das neue Brauchwasserwerk mit Landesmitteln in Hohe von 500.000 Euro aus der Förderrichtlinie ,,Klimafolgenanpassung Wasserwirtschaft“ gefördert wird.
Denn das Projekt ist mit 17,5 Millionen Euro geplant, dennoch könnten sich die Baukosten noch erhöhen.
Das Brauchwasserwerk an der Flagbalger Straße hat daher Vorbildcharakter für andere Industrie- und Wasserstoff-Standorte im Nordwesten. Bis das Brauchwasserwerk im Herbst 2026 den Betrieb aufnimmt, gibt es noch viel zu tun: Im nächsten
Schritt werden die Bohrpfahle in den vorbereiteten Baugrund gesetzt, auf denen später die Bodenplatte ruht. Darauf entsteht dann die neun Module umfassende Anlage, in der das Wasser durch Ultrafiltration
und Umkehrosmose aufbereitet wird. ,,Die einzelnen Module bereitet unser Partner Enviro Chemie bereits in Hessen vor“, erläutert OOWV-Projektleiter Ingo Schuster.
„Aus einer Vision wird Realität“, sagte Landrat Stephan Siefken, „Was einst vor zehn Jahren in einem Container, auf dem Klärwerk begann, indem dort die ersten Versuche unternommen wurden, Wasser aufzubereiten, wird jetzt zu einer hochmodernen Brauchwasseranlage umgewandelt.“
Auch für Nordenhams Bürgermeister Nils Siemen ist dieses wegweisende Projekt eine Freude, denn er hofft, dass weitere Unternehmen dem Beispiel von KRONOS TITAN folgen: „Eine nachhaltige Wasserversorgung wird zunehmend zum wichtigen Standortfaktor. Hier können wir Unternehmen diese Sicherheit in Zukunft bieten.“
KRONOS-Werkleiter Carsten Büsing geht in Sachen Nachhaltigkeit gerne voran: „Wasser ist ein zentraler Bestandteil unserer Arbeit. Mit dem OOWV setzen wir ein starkes Zeichen für Nachhaltigkeit. Wir sind stolz darauf, in Nordenham mit diesem Leuchtturmprojekt und allen Beteiligten eine Vorreiterrolle zu haben.“ Kirsten Krömer von der iwag gibt zu bedenken, dass Grundwasser nicht immer vorhanden ist und es mit der Brauchwasseranlage eine in die Zukunft gerichtete Wasserversorgung für die Industrie gibt.
Hintergrund:
Initiiert hat das Pilotprojekt das auf Brauchwasser spezialisierte OOWV-Tochterunternehmen iwag
Industriewasserversorgungsgesellschaft Nordwest-Niedersachsen). Die iwag arbeitet aktuell am Aufbau
einer nachhaltigen Wasserversorgung für Wasserstoff-Projekte mit einer maximalen Kapazität von insgesamt 3,7 Gigawatt im Umfeld des OOWV-Verbandsgebiets. Die Dimension dieser Zahl wird im
Vergleich klar: Alle Bundesländer außer Niedersachsen kommen zusammengenommen nur auf konkret
geplante Wasserstoff-Projekte mit 5,7 Gigawatt Kapazität.
Vor Ort in Nordenham wird derweil
eine 5,5 Kilometer lange Versorgungsleitung gelegt, die das Brauchwasserwerk an die Kläranlage
anbindet und durch die das gereinigte Abwasser bis zum Gelände von KRONOS TITAN fließt. (pm/lr – Foto: Kerstin Seeland)
Titelfoto: Machten den 1. Spatenstich (von links): Bürgermeister Nils Siemen, MdL Karin Logemann, Karsten Specht (OOWV), Landrat Stephan Siefken, Carsten Büsing (KRONOS TITAN), Angela Kampe (OOWV)