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05.09.2025, Lokalredaktion
45 Jahre Musikschule – und nun droht das Ende.
Was hier abgewickelt wird, ist nicht nur ein Betrieb. Es ist ein Ort der kulturellen Bildung, der künstlerischen Entfaltung und der sozialen Teilhabe. Generationen von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen haben hier Musik gelernt, Gemeinschaft erlebt und sich persönlich entwickelt. Die Musikschule war nie nur ein Dienstleister – sie war Teil der kulturellen Identität dieser Region.
Musikschule ist mehr als Freizeitgestaltung – sie ist berufsvorbereitend.
Viele unserer Schüler wurden hier gezielt auf ein Musikstudium oder eine künstlerische Laufbahn vorbereitet. Wir fördern Begabung, Disziplin, Ausdruckskraft – und damit Fähigkeiten, die weit über das Musikalische hinausreichen. Wer das auf ein „Angebot“ reduziert, verkennt den Bildungsauftrag und die gesellschaftliche Verantwortung, die wir tragen.
Die Gesellschafterversammlung der KVHS – besetzt mit Politikern des Landkreises Wesermarsch – hat ein Konkurrenzmodell geschaffen, ohne dessen Funktionieren zu garantieren.
Nur weil man einen Musikzweig in einer anderen Struktur plant, heißt das nicht, dass er trägt. Musikpädagogik ist kein Verwaltungsakt. Sie lebt von Kontinuität, Vertrauen, Erfahrung. Der abrupte Übergang, die fehlende Kommunikation und die entstandene Lücke führen zu einem willkürlichen Lernabbruch – und das bei Kindern und Jugendlichen, die auf regelmäßigen, feinfühligen Unterricht angewiesen sind.
Instrumentalunterricht ist kein lautes Getöse – sondern leise, geduldige Aufbauarbeit.
Gerade am Anfang sind Fortschritte nicht spektakulär, sondern still. Sie brauchen Zeit, Beziehung, Wiederholung. Ergebnisse sind nicht auf Knopfdruck abrufbar. Wer glaubt, man könne das einfach übernehmen oder „abschöpfen“, verkennt die Tiefe dieser Arbeit. Was hier passiert, ist nicht nur strukturell fragwürdig – es ist ein gezielter Raub geistiger Leistung. Die KVHS will offenbar das ernten, was über Jahrzehnte in der Musikschule gewachsen ist. Doch mit Gewalt geht alles – und zwar kaputt.
Es ist nicht damit getan, „irgendwie ein Angebot“ zu machen.
Musikalische Bildung braucht dauerhafte Verantwortung, nicht bloße Strukturverlagerung. Die entstandene Lücke ist nicht nur organisatorisch, sondern pädagogisch verheerend. Ein willkürlicher Lernabbruch trifft junge Menschen in ihrer Entwicklung – und das ohne Not. Wenn man es ernst meint, wird auch ein Musikzweig in der KVHS das Gleiche kosten wie unsere Musikschule. Wer anderes behauptet, täuscht die Öffentlichkeit.
Die KVHS muss endlich aus der Deckung kommen.
Wer sich als Alternative zur Musikschule positionieren möchte, muss auch zeigen, dass er dieser Aufgabe gewachsen ist. Es reicht nicht, Strukturen zu behaupten – man muss sie vorlegen. Transparent, nachvollziehbar und mit der nötigen fachlichen Tiefe. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie musikalische Bildung künftig aussehen soll – und ob sie überhaupt gesichert ist.
Unsere Musikschule war nie unverschämt in ihren Geldforderungen.
Im Gegenteil: Über 45 Jahre hinweg haben wir unter zum Teil haarsträubenden Arbeits- und Lohnbedingungen gearbeitet – aus pädagogischem und künstlerischem Idealismus. Im Vergleich zu anderen Kommunen hat der Landkreis Wesermarsch durch uns eine Low-Budget-Musikschule erhalten, die dennoch hohe Qualität, Verlässlichkeit und kulturelle Tiefe geboten hat. Diese Leistung wurde nie angemessen gewürdigt – und wird nun durch strukturelle Demontage beendet.
Es geht hier längst nicht mehr um Bildung – sondern um Geld, Prestige und persönliche Motive.
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt deutlich: Es geht um das neue Ansehen der KVHS, um politische Positionierung und – so scheint es – um persönlich motivierte Rache gegen eine ganze Einrichtung. Was dabei völlig aus dem Blick gerät, sind die Kinder und Jugendlichen. Ihre musikalische Entwicklung, ihre Lernwege, ihre Bindung an Lehrkräfte – all das wird geopfert, ohne Rücksicht und ohne Not.
Unsere Kooperationspartner stehen nun im luftleeren Raum.
Kindergärten, Grundschulen, weiterführende Schulen – sie alle haben über Jahre mit uns zusammengearbeitet, auf unsere Verlässlichkeit gebaut, musikalische Bildung in ihren Alltag integriert. Diese Strukturen wurden nicht nur ignoriert, sondern aktiv gefährdet. Es gab keine Übergangsstrategie, keine Einbindung, keine Perspektive.
Die Musikschule hat sich stets engagiert – auch über den regulären Betrieb hinaus.
Mehrfach haben wir Ferienangebote organisiert, um Kindern und Jugendlichen auch außerhalb des Schuljahres musikalische Impulse zu geben. Wir haben Projekte initiiert, Kooperationen gepflegt und kulturelle Teilhabe ermöglicht – oft ohne zusätzliche Mittel, aber mit viel Herzblut.
Der Umgang mit unserem Kollegium ist beschämend.
Verdiente Pädagoginnen und Pädagogen, die über Jahre mit Herz, Verstand und Integrität gewirkt haben, werden systematisch demontiert und in die Arbeitslosigkeit entlassen. Ohne Anerkennung, ohne Würde, ohne Perspektive. Das ist nicht nur menschlich verletzend, sondern auch institutionell verantwortungslos.
Die wirtschaftliche Lage ist prekär. Eine öffentliche Musikschule agiert vorrangig als Bildungseinrichtung. Sie ist nicht auf die Erwirtschaftung von Gewinnen ausgerichtet.
Mit 88 % Personalkostenanteil und kaum struktureller Förderung ist eine Fortführung ohne Unterstützung nicht möglich. Projektmittel sind zweckgebunden, Unterrichtsentgelte sozial gedeckelt. Eine drastische Erhöhung wäre unsozial und kontraproduktiv. Der Landkreis kennt diese Zahlen – und hat dennoch keine tragfähige Lösung angeboten.
Wir fordern Ehrlichkeit. Respekt. Und Verantwortung.
Wenn die Musikschule abgewickelt werden soll, dann soll das offen gesagt werden – nicht durch Schweigen und strukturelle Auszehrung. Wenn kulturelle Bildung gewollt ist, dann muss sie auch getragen werden. Nicht durch Lippenbekenntnisse, sondern durch verlässliche Finanzierung und politische Rückendeckung.
Wir stehen für Dialog bereit. Aber nicht für Demütigung.
Die Musikschule hat 45 Jahre lang Kultur ermöglicht. Sie verdient einen würdigen Umgang – nicht nur wegen ihrer Geschichte, sondern wegen ihrer Bedeutung für die Zukunft.
Das gesamte Kollegium fordert geschlossen den Erhalt der Musikschule – und den Verbleib ihres Schulleiters.
Wir stehen hinter der pädagogischen und künstlerischen Arbeit, die hier geleistet wurde. Wir stehen hinter der Leitung, die diese Schule geprägt hat. Und wir stehen hinter dem Auftrag, Kindern und Jugendlichen musikalische Bildung zu ermöglichen – nicht als Randerscheinung, sondern als Kern gesellschaftlicher Verantwortung.
Das Kollegium der Musikschule Wesermarsch